Veröffentlicht am März 11, 2024

Der Mythos der französischen Überlegenheit bröckelt: Deutscher Winzersekt ist heute oft die qualitativ bessere und charaktervollere Wahl.

  • Deutsche Qualitätsvorschriften (z.B. VDP.SEKT.STATUT) sind teilweise strenger als die der Champagne.
  • Winzersekt bietet einen authentischen Terroir-Ausdruck und eine größere Rebsortenvielfalt (insb. Riesling).

Empfehlung: Fragen Sie beim nächsten Einkauf gezielt nach Winzersekt mit langer Hefelagerung und traditioneller Flaschengärung. Sie werden überrascht sein.

Wenn ein besonderer Anlass naht – ein Geburtstag, ein Jubiläum oder der Jahreswechsel – greifen viele fast reflexartig zum Champagner. Er gilt als Inbegriff von Luxus und Feierlichkeit. Doch diese Gewohnheit ist teuer und lässt eine entscheidende Entwicklung außer Acht, die sich in den letzten Jahren in deutschen Weinkellern vollzogen hat. Der deutsche Winzersekt hat sich von einer reinen „Alternative“ zu einem ernstzunehmenden, oft sogar überlegenen Konkurrenten entwickelt. Der hohe Preis vieler französischer Marken ist zunehmend ein Tribut an einen über Jahrzehnte aufgebauten Marketing-Mythos, nicht zwangsläufig an eine höhere handwerkliche Qualität.

Die Wahrheit ist, dass die handwerkliche Überlegenheit vieler deutscher Winzer mittlerweile unbestreitbar ist. Sie setzen auf Terroir-Purismus, also den unverfälschten Ausdruck ihrer einzigartigen Lagen, und pflegen strengere Herstellungsregeln als für manchen Standard-Champagner erforderlich. Für den anspruchsvollen Genießer, der für sein Geld echten Charakter und nicht nur einen berühmten Namen im Glas haben möchte, stellt sich die Frage neu: Ist Champagner wirklich noch die Krönung oder ist exzellenter Winzersekt die intelligentere, weil authentischere Wahl?

Dieser Artikel bricht mit alten Vorurteilen und führt Sie tief in die Welt des hochwertigen Sekts. Wir beleuchten, warum die traditionelle Flaschengärung in Deutschland neue Maßstäbe setzt, wie lange Hefelagerung für eine ungeahnte Cremigkeit sorgt und welche fatalen Fehler Sie bei der Aufbewahrung unbedingt vermeiden sollten. Machen Sie sich bereit, Ihre Perspektive auf prickelnden Genuss für immer zu verändern.

Um Ihnen einen klaren Überblick über die entscheidenden Qualitätsmerkmale und praktischen Tipps zu geben, haben wir die wichtigsten Themen für Sie strukturiert. Der folgende Leitfaden hilft Ihnen, die Welt des Winzersekts zu verstehen und bei Ihrem nächsten Einkauf eine fundierte Entscheidung zu treffen.

Was die „Traditionelle Flaschengärung“ beim Winzersekt für die Perlage bedeutet

Der Begriff „Traditionelle Flaschengärung“ ist das wichtigste Qualitätsmerkmal auf dem Etikett eines deutschen Sekts. Er beschreibt exakt dasselbe aufwendige Verfahren, das auch in der Champagne zur Anwendung kommt: die zweite Gärung findet direkt in der Flasche statt. Dieser Prozess ist entscheidend für die Qualität der Perlage, also der Bläschen im Sekt. Anders als bei günstigeren Verfahren, bei denen die Kohlensäure künstlich zugesetzt wird, entsteht sie hier auf natürliche Weise und bindet sich über Monate fein und langsam in den Wein ein. Das Ergebnis ist eine feine, langanhaltende und fast schon cremige Perlage, die nicht aggressiv im Mund schäumt, sondern den Gaumen sanft umschmeichelt.

Was viele nicht wissen: Deutsche Spitzenwinzer gehen hier oft noch einen Schritt weiter als ihre französischen Kollegen. Das 2020 eingeführte VDP.SEKT.STATUT schreibt für Lagensekte eine Mindesthefelagerung von 36 Monaten vor – mehr als doppelt so lang wie die 15 Monate, die für einen Standard-Champagner ohne Jahrgang vorgeschrieben sind. Diese handwerkliche Überlegenheit zeigt sich im Glas: Die Kohlensäure ist perfekt integriert und unterstützt die komplexen Aromen, anstatt sie zu überdecken.

Fallbeispiel: Sekthaus Raumland als VDP-Vorreiter

Ein herausragendes Beispiel für diese deutsche Qualitätsoffensive ist das Sekthaus Raumland. Als erstes reines Sekthaus wurde es 2020 in den Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) aufgenommen. Mit biologischer Bewirtschaftung und extrem langen Hefelagern, die teilweise über Jahrzehnte gehen, produziert das Haus Winzersekte, die sich ohne Weiteres mit den teuersten Premium-Champagnern der Welt messen können und diese in Blindverkostungen oft sogar übertreffen.

Die traditionelle Flaschengärung ist somit nicht nur ein technischer Prozess, sondern ein Bekenntnis zu höchster Qualität und Geduld. Sie ist die Grundlage für die elegante Struktur und die feine Perlage, die einen erstklassigen Winzersekt auszeichnen und ihn von Massenprodukten abheben.

Warum Winzersekt mehr Charakter hat als Tankgärungs-Produkte aus Italien

Während Winzersekt auf die komplexe Flaschengärung setzt, wird ein Großteil der günstigeren Schaumweine, allen voran der beliebte Prosecco aus Italien, im Tankgärverfahren (Méthode Charmat) hergestellt. Hier findet die zweite Gärung in großen Drucktanks statt, was schneller und kostengünstiger ist. Dieser Effizienzgewinn geht jedoch klar zu Lasten von Komplexität und Charakter. Das Ergebnis sind Weine, die primär von fruchtigen, direkten Aromen geprägt sind und deren Perlage oft größer und flüchtiger ist. Der intensive Kontakt mit der Hefe, der bei der Flaschengärung für Tiefe sorgt, fehlt hier fast vollständig.

Der entscheidende Unterschied liegt im Terroir-Purismus des Winzersekts. Deutsche Winzer nutzen das Verfahren, um die spezifischen Eigenschaften ihrer Lage – den Boden, das Klima, die Rebsorte – präzise herauszuarbeiten. Ein Riesling-Sekt von den Schiefersteillagen der Mosel schmeckt fundamental anders als ein Blanc de Noirs (ein weiß gekelterter Sekt aus roten Trauben) aus dem sonnenverwöhnten Baden. Diese Vielfalt ist ein Statement für Individualität und handwerkliches Können.

Kontrast zwischen deutschen Schiefersteillagen und italienischer Prosecco-Produktion

Im direkten Vergleich wird der Unterschied deutlich: Winzersekt ist ein Wein mit Herkunft und Geschichte in jeder Flasche, während Tankgärungs-Produkte auf einen konsistenten, leicht zugänglichen Stil für einen breiten Markt abzielen. Keines ist per se schlecht, doch wer Tiefe, Komplexität und einen einzigartigen Charakter sucht, wird ihn im handwerklich erzeugten Winzersekt finden.

Charakteristische Unterschiede: Winzersekt vs. Prosecco
Merkmal Deutscher Winzersekt Prosecco (Tankgärung)
Herstellung Traditionelle Flaschengärung, mind. 9 Monate Hefelager Tankgärung (Charmat-Methode)
Terroir-Ausdruck Stark ausgeprägt, lagentypisch Überregional konsistent
Rebsortenvielfalt Riesling, Burgundersorten, Schwarzriesling Hauptsächlich Glera
Produktion Handwerklich, kleine Mengen Industriell, große Mengen

Mindestens 9 Monate: Warum langes Hefelager den Sekt cremiger macht

Nach der zweiten Gärung in der Flasche beginnt der vielleicht magischste Teil der Sekt- und Champagnerherstellung: das Hefelager. Der Sekt reift über Monate oder sogar Jahre auf der Hefe, die zuvor den Zucker in Alkohol und Kohlensäure umgewandelt hat. Während dieser Zeit lösen sich die Hefezellen langsam auf – ein Prozess, der als Autolyse bezeichnet wird. Genau hier entsteht die Komplexität und Cremigkeit, die große Schaumweine auszeichnet. Die Autolyse verleiht dem Sekt Aromen von Brioche, gerösteten Nüssen, Toast und Hefegebäck und sorgt für eine feine, cremige Textur am Gaumen.

Die gesetzliche Mindestdauer für das Hefelager bei traditioneller Flaschengärung beträgt in Deutschland neun Monate. Doch ambitionierte Winzer geben sich damit längst nicht zufrieden. Sie wissen, dass Zeit der wahre Luxus ist. Selbst renommierte Champagnerhäuser werben mit ihrer langen Reifezeit. Ein gutes Beispiel ist die Bollinger Special Cuvée, die mindestens 36 Monate auf der Hefe liegt, weit über den gesetzlichen 15 Monaten. Doch deutsche Winzer ziehen nicht nur nach, sie setzen neue Maßstäbe.

Extremfall: Peter Lauers 35-jährige Hefelagerung

Das Weingut Peter Lauer an der Saar, bekannt für seine präzisen Rieslingweine, treibt das Konzept des langen Hefelagers auf die Spitze. Einige ihrer Sekte reifen über 35 Jahre auf der Hefe, bevor sie degorgiert (von der Hefe getrennt) werden. Diese außergewöhnlich lange Reifung resultiert in einer beispiellosen Komplexität. Die Aromen sind tiefgründig und entwickelt, mit Noten von Brioche, Nussbutter und kandierter Zitrone. Ein solcher Sekt ist kein einfacher Aperitif mehr, sondern ein tiefgründiger Meditationswein, der die Grenzen dessen, was mit Sekt möglich ist, neu definiert.

Ein langes Hefelager ist daher ein unmissverständliches Zeichen für höchste Qualität. Es verwandelt einen einfachen Schaumwein in ein komplexes, vielschichtiges Erlebnis. Wenn Sie also das nächste Mal vor dem Regal stehen, achten Sie auf Angaben zur Dauer des Hefelagers – es ist der direkteste Hinweis auf den Charakter-Statement, den der Winzer mit seinem Sekt abgeben möchte.

Wie Sie das Überschäumen vermeiden und die Kohlensäure in der Flasche halten

Den perfekten Winzersekt gefunden zu haben, ist die eine Sache. Ihn richtig zu behandeln, um seine Qualität bis zum letzten Tropfen zu bewahren, die andere. Das größte Kapital eines Schaumweins ist seine feine Perlage. Jeder Fehler bei der Lagerung und beim Servieren führt unweigerlich zum Verlust der wertvollen Kohlensäure. Das A und O ist die richtige Temperatur. Eine gut gekühlte Flasche (6-8°C) steht unter weniger Druck, was das Überschäumen beim Öffnen verhindert. Öffnen Sie die Flasche langsam und mit Gefühl, indem Sie die Flasche drehen, nicht den Korken.

Ist die Flasche einmal geöffnet, beginnt der Wettlauf gegen die Zeit. Der hartnäckige Mythos, ein Silberlöffel im Flaschenhals würde die Kohlensäure bewahren, ist wissenschaftlich längst widerlegt. Die einzig wirksame Methode ist ein spezieller Sektflaschenverschluss. Diese Verschlüsse klemmen sich fest auf den Flaschenhals und erhalten den Druck in der Flasche, sodass die Kohlensäure im Wein gelöst bleibt. Lagern Sie die verschlossene Flasche immer aufrecht im Kühlschrank, um die Oberfläche, die mit Luft in Kontakt kommt, zu minimieren.

Hochwertiger Sektverschluss bewahrt feine Perlage im Glas

Auch die Wahl des Glases spielt eine entscheidende Rolle. Die klassischen flachen Schalen (Coupes) sind zwar stilvoll, aber denkbar ungeeignet, da die Kohlensäure durch die große Oberfläche blitzschnell entweicht. Hohe, schmale Flöten sind besser, aber für komplexe Winzersekte oft nicht ideal. Am besten entfalten sich die Aromen in tulpenförmigen Gläsern oder sogar in einem normalen Weißweinglas, insbesondere bei charaktervollen Riesling-Sekten.

Ihr 5-Punkte-Plan zur perfekten Sekt-Lagerung

  1. Temperatur-Check: Überprüfen Sie alle Orte, an denen Sie Sekt lagern (Keller, Kühlschrank). Liegt die Temperatur konstant kühl, idealerweise bei 6-8°C für die geöffnete Flasche?
  2. Inventur der Verschlüsse: Sammeln Sie alle vorhandenen Weinverschlüsse. Sind darunter spezielle Sektverschlüsse mit Druckmechanismus oder nur nutzlose Vakuumpumpen und einfache Stopfen?
  3. Praxis-Vergleich: Öffnen Sie eine Flasche Sekt. Servieren Sie die Hälfte. Verschließen Sie die Flasche mit Ihrem besten Verschluss und stellen Sie sie aufrecht in den Kühlschrank. Prüfen Sie die Perlage nach 24 Stunden. Ist sie noch lebendig oder schon schwach?
  4. Glas-Audit: Begutachten Sie Ihre Gläsersammlung. Haben Sie tulpenförmige Gläser oder hochwertige Weißweingläser, die die Aromen eines komplexen Winzersekts zur Geltung bringen, oder nur Flöten und Schalen?
  5. Optimierungsplan: Investieren Sie in 1-2 hochwertige Sektverschlüsse. Ersetzen oder ergänzen Sie Ihre Gläser um eine tulpenförmige Variante. Entsorgen Sie den Silberlöffel endgültig.

Warum ein brut nature Winzersekt besser zu fettigem Essen passt als Rotwein

Die landläufige Meinung, zu deftigen, fettreichen Speisen gehöre ein kräftiger Rotwein, ist tief verwurzelt, aber oft falsch. Die Tannine im Rotwein können in Kombination mit Fett einen unangenehmen, metallischen Geschmack erzeugen. Hier kommt hochwertiger Winzersekt, insbesondere in der knochentrockenen Variante „Brut Nature“ (ohne jegliche zugesetzte Süße), als genialer Essensbegleiter ins Spiel. Seine hohe, präzise Säure und die reinigende Wirkung der Kohlensäure schneiden wie ein Skalpell durch das Fett, erfrischen den Gaumen und machen Lust auf den nächsten Bissen. Der Sekt agiert als perfekter „Reset-Knopf“ zwischen den Bissen.

Diese Erkenntnis hat sich auch in der Spitzengastronomie durchgesetzt. Immer mehr Sommeliers entdecken das enorme Potenzial von deutschem Winzersekt als vielseitigen Speisenbegleiter, der weit über die Rolle des Aperitifs hinausgeht. Die hohe Säurestruktur, die insbesondere deutsche Grundweine auszeichnet, macht sie zu einem unschlagbaren Partner für reichhaltige Gerichte.

Fallbeispiel: Berliner Sterne-Restaurant „Reinstoff“ setzt auf Winzersekt

Das mittlerweile geschlossene, aber wegweisende Berliner Zwei-Sterne-Restaurant „Reinstoff“ hatte seinerzeit eine radikale Entscheidung getroffen: Es strich Champagner komplett von der Karte und setzte ausschließlich auf deutsche Winzersekte. Die Sommeliers schätzten besonders die knackige Säure und den Terroir-Ausdruck der deutschen Sekte, die sich als ideale Begleiter für ihre innovative und oft reichhaltige Küche erwiesen. Diese Entscheidung war ein starkes Zeichen für das Selbstbewusstsein und die Qualität des deutschen Sekts.

Die Kombinationsmöglichkeiten sind vielfältig und oft überraschend. Ein trockener Riesling-Sekt harmoniert wunderbar mit der Panade eines Wiener Schnitzels. Ein kräftiger Blanc de Noirs aus Burgundertrauben kann es mühelos mit gebratenem Schweinebauch aufnehmen. Und ein Brut Nature ist der perfekte Kontrapunkt zu einem traditionellen Gericht wie „Himmel un Ääd“ (Blutwurst mit Kartoffelpüree und Apfelmus). Trauen Sie sich, zu experimentieren und den Jahrgangssekt nicht nur als Aperitif, sondern als kompletten Menübegleiter zu entdecken.

Der fatale Fehler: Warum Sie niemals eine Vakuumpumpe bei Sekt benutzen dürfen

Eine angebrochene Flasche Stillwein mit einer Vakuumpumpe zu verschließen, um sie vor Oxidation zu schützen, ist gängige Praxis. Viele Weinliebhaber machen jedoch den fatalen Fehler, dieses Zubehör auch für eine Flasche Sekt oder Champagner zu verwenden. Das ist nicht nur nutzlos, sondern aktiv schädlich. Eine Vakuumpumpe funktioniert, indem sie Luft aus der Flasche saugt, um ein Vakuum zu erzeugen. Bei einem Schaumwein saugt sie jedoch nicht nur die Luft heraus, sondern auch das, was ihn ausmacht: die im Wein gelöste Kohlensäure (CO2).

Das Ergebnis ist verheerend: Der Sekt wird nicht nur schal, er wird buchstäblich „entperlt“. Die feine, über Monate oder Jahre in der Flasche entwickelte Perlage wird innerhalb von Sekunden gewaltsam aus dem Wein gerissen. Ein umfassender Vergleichstest von Weinpumpen bestätigt, dass sich rund 95% der getesteten Vakuum-Modelle absolut nicht für kohlensäurehaltige Getränke eignen. Der Versuch, den Sekt zu konservieren, führt also direkt zu seiner Zerstörung.

Experten warnen eindringlich vor dieser falschen Anwendung. Der physikalische Prozess ist unumstößlich, wie Fachleute aus dem Weinhandel betonen:

Eine Vakuumpumpe zieht durch den Unterdruck die im Wein gelöste Kohlensäure aktiv heraus. Der Sekt wird also nicht nur flach, er wird aktiv ‚entperlt‘.

– Weinexperten, Betterbar Fachhandel für Weinzubehör

Der einzige korrekte Weg, eine geöffnete Sektflasche aufzubewahren, ist die Verwendung eines speziellen Sektverschlusses. Diese Verschlüsse pumpen keine Luft heraus, sondern versiegeln die Flasche hermetisch und erhalten den bestehenden Druck im Inneren. So bleibt die Kohlensäure dort, wo sie hingehört: fein gelöst im Wein. Die Investition in einen solchen Verschluss kostet nur wenige Euro und rettet die Qualität jeder teuren Flasche Winzersekt oder Champagner.

Wie lange prickelt Sekt im Kühlschrank wirklich noch?

Die Frage, wie lange eine geöffnete Flasche Sekt haltbar ist, beschäftigt viele Genießer. Eine pauschale Antwort gibt es nicht, denn die Haltbarkeit hängt entscheidend von zwei Faktoren ab: der Qualität des Sekts und der Art des Verschlusses. Grundsätzlich gilt: Je hochwertiger der Sekt und je feiner seine Perlage von Anfang an war, desto länger behält er seine Frische. Ein einfacher Prosecco aus Tankgärung verliert seine grobe Kohlensäure oft schon nach wenigen Stunden und ist am nächsten Tag meistens flach und ungenießbar.

Ein hochwertiger Winzersekt, hergestellt in traditioneller Flaschengärung, ist deutlich widerstandsfähiger. Seine feine, gut eingebundene Kohlensäure ist stabiler. Vorausgesetzt, Sie verwenden einen qualitativ hochwertigen Sektverschluss, der den Druck in der Flasche aufrechterhält, können Sie mit einer guten Haltbarkeit rechnen. Experten bestätigen, dass ein hochwertiger Winzersekt damit 2 bis 3 Tage im Kühlschrank frisch und prickelnd bleibt, während Prosecco oft schon nach einem Tag abbaut.

Wichtig ist dabei die stehende Lagerung im Kühlschrank. Liegt die Flasche, vergrößert sich die Oberfläche des Weins, die mit der verbliebenen Luft in der Flasche in Kontakt kommt. Dies beschleunigt nicht nur den Verlust von Kohlensäure, sondern auch die Oxidation, die die frischen Aromen des Sekts beeinträchtigt. Lagern Sie die Flasche also immer aufrecht und bei einer konstanten, kühlen Temperatur von etwa 6 bis 8 Grad Celsius.

Letztendlich ist die Haltbarkeit auch eine sensorische Frage. Der Sekt wird nicht „schlecht“ im Sinne von ungenießbar, aber er verliert seinen Charakter. Die Perlage wird schwächer, die Aromen flacher. Am besten schmeckt Sekt immer direkt nach dem Öffnen. Doch mit der richtigen Technik können Sie den Genuss ohne Weiteres auf den nächsten oder sogar übernächsten Tag verlängern.

Das Wichtigste in Kürze

  • Qualitätsgarantie: „Traditionelle Flaschengärung“ und ein langes Hefelager sind die entscheidenden Merkmale für hochwertigen Winzersekt und übertreffen oft die Standards von einfachem Champagner.
  • Charakter vor Marke: Deutscher Winzersekt bietet durch Rebsortenvielfalt (insb. Riesling) und Terroir-Fokus eine authentischere und oft spannendere Geschmackserfahrung.
  • Fatale Fehler vermeiden: Eine Vakuumpumpe zerstört Sekt aktiv, indem sie die Kohlensäure entzieht. Nur spezielle Sektverschlüsse erhalten die Perlage.

Helfen Vakuumpumpen wirklich oder ziehen sie nur das Aroma aus der Flasche?

Wir haben bereits festgestellt, dass Vakuumpumpen die Kohlensäure aus Schaumweinen ziehen und sie somit unbrauchbar machen. Doch was ist mit den Aromen? Auch hier richtet die Pumpe mehr Schaden an als sie nützt. Viele der feinsten und flüchtigsten Aromen eines Weins sind an die Kohlensäure gebunden. Wenn das CO2 gewaltsam aus dem Wein extrahiert wird, reißt es diese zarten Aromastoffe einfach mit sich. Der Sekt wird also nicht nur flach, sondern auch aromatisch kastriert.

Im Gegensatz dazu erhält ein guter Sektverschluss nicht nur den Druck, sondern auch das komplexe Bouquet des Weins. Er versiegelt die Flasche und schließt das empfindliche Gleichgewicht aus gelöstem Gas und flüchtigen Aromen ein. Die Investition in einen Sektverschluss für 10-15€ ist also nicht nur eine Investition in die Perlage, sondern in das gesamte Geschmackserlebnis.

Die Methode mit dem Löffel ist eher ein großer Witz in meinen Augen. Sollte man spontan eine Flasche Sekt oder Champagner aufgemacht haben und es am nächsten Tag austrinken wollen, ist sicher auch hierfür die Vakuum Weinpumpe in Ordnung – allerdings nur als absolute Notlösung, da sie die Qualität merklich mindert.

– Erfahrung aus der Gastronomie

Die Kosten-Nutzen-Analyse spricht eine klare Sprache. Während eine Vakuumpumpe teurer in der Anschaffung sein kann, ist sie für den deklarierten Zweck bei Schaumweinen völlig ungeeignet und führt zu einem Wertverlust des Inhalts. Der günstigere Sektverschluss hingegen ist eine effektive und werterhaltende Maßnahme.

Vakuumpumpe vs. Sektverschluss: Kosten-Nutzen-Analyse
Kriterium Vakuumpumpe Sektverschluss
Preis 15-40€ 10-15€
Eignung für Sekt Nicht geeignet Optimal geeignet
Erhalt der Kohlensäure Entzieht aktiv CO2 Erhält Druck in der Flasche
Haltbarkeit Sekt Verschlechtert sich Bis zu 3 Tage
Erhalt der Aromen Entfernt flüchtige Aromen mit CO2 Bewahrt Aromaprofil

Die Entscheidung zwischen Champagner und Winzersekt ist letztendlich eine Frage der Prioritäten. Wer auf der Suche nach handwerklicher Exzellenz, authentischem Terroir-Ausdruck und einem herausragenden Preis-Genuss-Verhältnis ist, wird im deutschen Winzersekt einen wahren Schatz entdecken. Trauen Sie sich, die ausgetretenen Pfade zu verlassen und geben Sie dem Qualitäts-Patriotismus eine Chance. Erkunden Sie die Vielfalt, die deutsche Winzer heute zu bieten haben – es ist der Beginn einer faszinierenden Genussreise.

Häufig gestellte Fragen zu Champagner oder Winzersekt: Lohnt sich der Aufpreis für französische Marken noch?

Funktioniert der Löffel-Trick wirklich?

Nein, wissenschaftliche Tests haben bewiesen, dass ein Silberlöffel im Flaschenhals die Kohlensäure nicht besser erhält als gar kein Verschluss.

Was tun mit schal gewordenem Sekt?

Verwenden Sie ihn für eine Riesling-Senf-Sauce zu Fisch, zum Ablöschen eines Hühnerfrikassees oder für ein Sekt-Sabayon.

Wie teste ich, ob noch genug Kohlensäure vorhanden ist?

Halten Sie einen kalten Löffel vorsichtig in den Sekt – bilden sich lebhaft Bläschen, ist noch ausreichend Kohlensäure vorhanden.

Geschrieben von Markus Eder, IHK-geprüfter Sommelier und Gastronomiekritiker mit Stationen in der Sternegastronomie. Experte für Food-Pairing, Glaskultur und Servicetechniken.