Veröffentlicht am März 11, 2024

Entgegen der landläufigen Meinung ist der gesundheitliche Nutzen von Rotwein oder Traubensaft zur Versorgung mit OPC und Resveratrol ein Trugschluss. Die wirklich wirksamen Konzentrationen dieser Stoffe finden sich nicht im Getränk, sondern in den Pressrückständen wie Kernen und Schalen. Der hohe Zucker- oder Alkoholgehalt macht Wein und Saft zu einer ineffizienten und potenziell schädlichen Quelle. Eine gezielte Zufuhr über Extrakte oder Traubenkernmehl ist aus ernährungsmedizinischer Sicht die weitaus sinnvollere Strategie.

Das „Französische Paradoxon“ fasziniert Gesundheitsoptimierer seit Jahrzehnten: Wie können die Franzosen trotz einer Ernährung reich an gesättigten Fetten eine vergleichsweise niedrige Rate an Herzerkrankungen aufweisen? Die schnelle Antwort, die oft gegeben wird, lautet: der moderate Konsum von Rotwein. Diese Vereinfachung hat einen globalen Mythos geschaffen, der Wein, insbesondere wegen seiner Inhaltsstoffe wie Resveratrol und Oligomere Proanthocyanidine (OPC), als eine Art flüssiges Gesundheitselixier darstellt. Man rät, täglich ein Glas zu trinken, um das Herz zu schützen, und preist Traubensaft als die alkoholfreie Alternative für die ganze Familie an.

Doch was, wenn diese weitverbreitete Annahme auf einem fundamentalen Missverständnis beruht? Was, wenn der Schlüssel zu den gesundheitlichen Vorteilen der Traube gar nicht im Glas, sondern in dem Teil der Frucht liegt, der bei der Wein- und Saftherstellung meist als Abfall endet? Aus ernährungsmedizinischer Sicht ist es an der Zeit, den Hype von der wissenschaftlichen Evidenz zu trennen. Die Konzentration auf Wein und Saft als Gesundheitsquelle ist nicht nur ineffizient, sondern birgt auch Risiken – vom hohen Fructosegehalt im Saft bis zu den bekannten Nachteilen des Alkohols.

Dieser Artikel bricht mit den gängigen Mythen. Wir werden analysieren, wo die wertvollen Polyphenole der Traube tatsächlich stecken und warum ihre Konzentration in Wein und Saft oft überschätzt wird. Wir beleuchten die Nachteile des Konsums, von der Fructose-Falle bis zu den wahren Ursachen für Rotweinkopfschmerz. Schließlich zeigen wir Ihnen, wie Sie die Kraft von OPC und Resveratrol wirklich effektiv und sicher für Ihre Gesundheit nutzen können – jenseits von Marketing-Märchen und überholten Traditionen. Es geht um eine Neubewertung, die Sie in die Lage versetzt, informierte Entscheidungen für Ihr Wohlbefinden zu treffen.

Dieser Leitfaden bietet eine tiefgehende Analyse der Inhaltsstoffe von Trauben und ihrer wahren gesundheitlichen Auswirkungen. Entdecken Sie die wissenschaftlichen Fakten hinter den Mythen.

Warum die gesunden Stoffe im Trester stecken und nicht im Fruchtfleisch

Der Glaube, dass Rotwein und dunkler Traubensaft die besten Quellen für gesundheitsfördernde Pflanzenstoffe sind, ist weit verbreitet, aber irreführend. Aus wissenschaftlicher Sicht befindet sich die höchste Konzentration an wertvollen Polyphenolen wie den Oligomeren Proanthocyanidinen (OPC) nicht im zuckerreichen Fruchtfleisch, sondern in den Kernen und Schalen der Traube. Diese Teile, die bei der Pressung als „Trester“ zurückbleiben, sind das eigentliche Kraftpaket. Während der Saft hauptsächlich Wasser und Zucker enthält, sind die Kerne und Schalen reich an Antioxidantien, die die Pflanze vor Fressfeinden und UV-Strahlung schützen.

Die industrielle Verarbeitung verstärkt diesen Effekt. Bei der Herstellung von Wein gehen zwar einige dieser Stoffe durch die Maischegärung in die Flüssigkeit über, doch ein Großteil verbleibt im Pressrückstand. Bei Traubensaft, der oft aus entsaftetem Fruchtfleisch ohne lange Kontaktzeit mit Kernen und Schalen hergestellt wird, ist der Gehalt noch geringer. Die wahre Wertschöpfung für die Gesundheit liegt also in der Verwertung des Tresters. Produkte wie Traubenkernmehl oder Traubenkernextrakt isolieren und konzentrieren genau diese Stoffe.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Während Wein nur Spuren von OPC enthält, zeigen Analysen von biologischem Traubenkernmehl Konzentrationen von bis zu 120 mg OPC pro Gramm. Das macht deutlich, dass der Verzehr des Getränks eine höchst ineffiziente Methode zur Aufnahme dieser spezifischen Polyphenole darstellt. Um eine therapeutisch relevante Dosis zu erreichen, müsste man Mengen an Wein oder Saft konsumieren, deren negative Effekte (Alkohol, Zucker) den potenziellen Nutzen bei Weitem überwiegen würden.

Anwendungsbeispiel: Traubenkernmehl im deutschen Handel

Ein konkretes Beispiel für die Nutzung dieser Erkenntnis ist das Bio-Traubenkernmehl des Unternehmens Raab Vitalfood, das in vielen deutschen Reformhäusern erhältlich ist. Es wird aus entölten Traubenkernen gewonnen und besitzt einen hohen Ballaststoffgehalt von 60 %. Die empfohlene Tagesdosis von nur 10 Gramm (etwa ein Esslöffel), eingerührt in Müsli, Joghurt oder Smoothies, liefert eine signifikante Menge an OPC, ohne den Körper mit Zucker oder Alkohol zu belasten. Dies illustriert den modernen, gezielten Ansatz zur Gesundheitsförderung.

Fructose-Bombe: Wie viele Trauben sind gesund und wann wird es zu viel?

Trauben und ihr Saft werden oft als Inbegriff einer gesunden Erfrischung vermarktet. Doch hinter der süßen Fassade verbirgt sich eine erhebliche Menge an Fruchtzucker (Fructose). Eine Portion von 150 Gramm Trauben enthält bereits rund 23 Gramm Zucker – mehr als in der gleichen Menge vieler Limonaden. Für Gesundheitsoptimierer stellt dies ein klassisches Dosierungs-Dilemma dar: Der Versuch, nennenswerte Mengen an Pflanzenstoffen über die ganze Frucht aufzunehmen, führt unweigerlich zu einer hohen Zuckerlast, die den Stoffwechsel, insbesondere die Leber, belastet und zu einer schnellen Blutzuckerreaktion führen kann.

Dieses Problem wird bei Traubensaft noch deutlicher. Ein Glas (200 ml) enthält schnell 30 Gramm Zucker oder mehr, ohne die sättigenden Ballaststoffe der ganzen Frucht. Der Körper wird mit Fructose geflutet, was langfristig die Entstehung einer Fettleber und Insulinresistenz begünstigen kann. Die Vorstellung, Traubensaft sei eine gesunde Alternative zu zuckerhaltigen Softdrinks, ist daher nur bedingt richtig – es ist im Grunde ein unraffinierter Softdrink der Natur.

Zudem ist die Bioverfügbarkeit von Resveratrol aus Trauben oder Saft fraglich. Eine bekannte Studie, die von Semba et al. durchgeführt wurde, analysierte den Resveratrol-Gehalt im Urin älterer Menschen und brachte ernüchternde Ergebnisse. Wie die Autoren im Rahmen ihrer Studie zu Resveratrol im Urin feststellten:

Die mit der westlichen Ernährung aufgenommenen Resveratrolmengen haben keinen besonderen Einfluss auf den Gesundheitszustand und das Sterberisiko.

– Semba et al.

Dies unterstreicht, dass der gelegentliche Verzehr von Trauben oder einem Glas Wein wahrscheinlich keine signifikanten Mengen an Resveratrol liefert, um die oft beworbenen Anti-Aging-Effekte zu erzielen. Eine moderate Menge ganzer Trauben kann Teil einer gesunden Ernährung sein, aber sie als „Superfood“ zur gezielten Wirkstoffzufuhr zu betrachten, ignoriert die erhebliche Zuckerbelastung.

Visuelle Darstellung des Zuckergehalts in Trauben im Vergleich zu anderen Lebensmitteln

Warum manche Menschen von Rotwein Kopfschmerzen bekommen (und es nicht der Schwefel ist)

Der gefürchtete Rotweinkopfschmerz wird oft fälschlicherweise dem Schwefel (Sulfiten) zugeschrieben. Während eine kleine Gruppe von Menschen tatsächlich empfindlich auf Sulfite reagiert, meist mit asthmatischen Symptomen, ist die wahre Ursache für den pochenden Kopfschmerz bei den meisten Betroffenen eine andere: biogene Amine, allen voran Histamin. Diese Stoffe entstehen während der Gärung und des Reifeprozesses des Weins, insbesondere bei der malolaktischen Gärung, die bei Rotweinen Standard ist. Menschen mit einer Histaminintoleranz oder einer eingeschränkten Fähigkeit, Histamin abzubauen, reagieren auf den Konsum histaminreicher Lebensmittel und Getränke wie Rotwein mit Symptomen wie Kopfschmerzen, Hautrötungen oder Verdauungsproblemen.

Gleichzeitig ist der Gehalt an dem vermeintlich gesunden Resveratrol in Weinen extrem unzuverlässig. Er hängt von der Rebsorte, dem Klima, dem Jahrgang und der Weinherstellung ab. Analysen zeigen, dass die Werte je nach Weinsorte stark schwanken und zwischen 0 und 14,3 mg Resveratrol pro Liter Rotwein liegen können. Weißweine enthalten praktisch kein Resveratrol. Sich auf Rotwein als verlässliche Quelle für diesen Stoff zu verlassen, ist also ein Glücksspiel. Ein Wein kann im einen Jahr einen hohen Wert aufweisen und im nächsten praktisch keinen.

Für histaminsensible Weintrinker gibt es dennoch Strategien, den Genuss zu optimieren. Bestimmte Rebsorten wie der deutsche Spätburgunder (Pinot Noir) oder St. Laurent weisen tendenziell höhere Resveratrol-Werte auf. Gleichzeitig ist der Histamingehalt stark vom Ausbaustil des Winzers abhängig. Moderne, saubere Kellerwirtschaft kann die Bildung von biogenen Aminen reduzieren. Es lohnt sich daher, direkt beim Winzer nach histaminarm ausgebauten Weinen zu fragen. Generell lässt sich sagen, dass Rotweine aus Sorten wie Cabernet Sauvignon oder Merlot oft deutlich mehr Resveratrol enthalten als Weißweine, aber eben auch ein höheres Potenzial für Histamin haben.

Entschlacken mit Trauben: Mythos oder wirksame Tradition?

Die Idee der „Traubenkur“ zur Entschlackung und Reinigung des Körpers ist eine alte Tradition, die in der modernen Naturheilkunde immer wieder aufgegriffen wird. Das Konzept sieht vor, über mehrere Tage ausschließlich Trauben oder Traubensaft zu konsumieren, um den Körper von vermeintlichen „Schlacken“ zu befreien. Aus ernährungsmedizinischer Sicht ist dieser Ansatz jedoch höchst problematisch und basiert auf einem wissenschaftlich nicht haltbaren Konzept. Der menschliche Körper verfügt mit Leber und Nieren über hocheffiziente Organe, die kontinuierlich Stoffwechselprodukte und Giftstoffe filtern und ausscheiden. Das Konzept der „Schlacken“, die sich im Gewebe ablagern, entbehrt jeder physiologischen Grundlage.

Eine reine Traubenkur ist im Wesentlichen eine extrem einseitige, hoch-fructosehaltige und proteinarme Diät. Der anfängliche Gewichtsverlust ist primär auf den Verlust von Wasser und den Abbau von Muskelmasse zurückzuführen, nicht auf die Eliminierung von Giftstoffen. Die massive Zufuhr von Fruchtzucker belastet die Leber und kann den Blutzuckerspiegel Achterbahn fahren lassen. Anstatt den Körper zu „reinigen“, stresst eine solche Kur den Stoffwechsel erheblich.

Besonders kritisch wird die Argumentation, wenn Wein als Teil einer „gesunden“ Lebensweise zur Prävention empfohlen wird. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vertritt hier eine unmissverständliche Position. In einer offiziellen Stellungnahme warnt die WHO klar vor den Risiken:

Alkohol ist eine giftige, psychoaktive und süchtig machende Substanz und wurde von der Internationalen Agentur für Krebsforschung als Karzinogen der Gruppe 1 eingestuft […]. Es gibt keine sichere Menge an Alkoholkonsum, bei der das Krebsrisiko nicht besteht.

– WHO Europe, zitiert in einem Artikel über den Resveratrol-Mythos

Diese Aussage stellt klar, dass Alkohol aus gesundheitlicher Sicht niemals als präventives Mittel empfohlen werden sollte. Der Mythos des „gesunden Gläschens“ zur Entschlackung oder Herzgesundheit ist durch die wissenschaftliche Evidenz widerlegt. Jeglicher potenzieller Nutzen einzelner Inhaltsstoffe wird durch die toxische Wirkung des Alkohols zunichtegemacht.

Pestizidrückstände auf der Schale: Lohnt sich der Bio-Aufpreis für die Gesundheit?

Die Erkenntnis, dass die wertvollsten Inhaltsstoffe der Traube in ihrer Schale sitzen, wirft eine wichtige praktische Frage auf: Wie steht es um Pestizidrückstände? Im konventionellen Wein- und Obstanbau werden chemisch-synthetische Pestizide eingesetzt, um die empfindlichen Früchte vor Pilzbefall und Schädlingen zu schützen. Rückstände dieser Mittel können auf der Schale verbleiben und somit mitverzehrt werden. Für einen Gesundheitsoptimierer, der gezielt die Vorteile der Schalen-Inhaltsstoffe nutzen möchte, ist dies ein nicht zu vernachlässigender Faktor.

Hier kommt der biologische Anbau ins Spiel. Die zentralen Richtlinien des ökologischen Landbaus, wie sie etwa für das EU-Bio-Siegel oder die strengeren deutschen Verbandssiegel wie Demeter oder Bioland gelten, verbieten den Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel. Bio-Winzer und -Obstbauern setzen stattdessen auf natürliche Substanzen wie Kupfer und Schwefel in begrenzten Mengen sowie auf präventive Maßnahmen zur Stärkung der Pflanzen und des Ökosystems.

Der Griff zu Bio-Trauben oder daraus hergestellten Produkten ist also eine effektive Strategie, um die Aufnahme von Pestizidrückständen zu minimieren. Auch wenn Bio-Produkte oft einen Preisaufschlag von 20-40% haben, ist dieser Aufpreis aus gesundheitlicher Sicht eine sinnvolle Investition, insbesondere wenn man die Schalen (z.B. in Form von Traubenkernmehl) gezielt konsumiert. Die geringere Belastung ist ein entscheidender Vorteil, der die höhere Qualität rechtfertigt.

Die folgende Tabelle, basierend auf Informationen von Verbraucherorganisationen, fasst die wesentlichen Unterschiede zusammen, wie eine vergleichende Analyse der Verbraucherzentrale nahelegt:

Konventionelle vs. Bio-Trauben: Ein Vergleich
Aspekt Konventionelle Trauben Bio-Trauben
Pestizideinsatz Chemisch-synthetische Mittel erlaubt Nur natürliche Mittel (Kupfer, Schwefel) in begrenzten Mengen
Rückstandsrisiko Messbare Rückstände auf der Schale möglich Deutlich geringere bis keine Belastung
Preis pro kg Standard-Marktpreis Typischerweise 20-40% Aufpreis

Bio-Weinbau: Wie Winzer ohne Chemie gegen Pilzbefall kämpfen

Der Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide stellt Bio-Winzer, besonders im feuchten deutschen Klima, vor große Herausforderungen. Pilzkrankheiten wie der Echte und Falsche Mehltau können ganze Ernten vernichten. Anstatt zur chemischen Keule zu greifen, nutzen innovative Winzer ein ganzes Bündel an Strategien, um ihre Reben auf natürliche Weise widerstandsfähig zu machen. Der Fokus liegt auf Prävention und der Förderung eines gesunden, resilienten Ökosystems im Weinberg.

Eine zentrale Maßnahme ist die Förderung der Biodiversität. Durch das Anlegen von Blühstreifen zwischen den Rebzeilen werden Nützlinge wie Raubmilben oder Marienkäfer angelockt, die wiederum Schädlinge in Schach halten. Eine lockere Bodenbewirtschaftung und gezielte Laubarbeit sorgen für eine bessere Durchlüftung der Rebstöcke, sodass die Trauben nach einem Regen schnell abtrocknen und Pilzen weniger Angriffsfläche bieten. Der Einsatz von natürlichen Substanzen wie Kupfer und Schwefel ist zwar erlaubt, aber streng reglementiert, um eine Anreicherung im Boden zu vermeiden.

Eine der zukunftsweisendsten Strategien im deutschen Bio-Weinbau ist der Anbau von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (PIWIs). Diese Neuzüchtungen, wie zum Beispiel die roten Sorten Regent und Cabernet Cortis oder die weißen Sorten Cabernet Blanc und Solaris, kombinieren die Geschmacksqualität klassischer europäischer Reben mit der Robustheit amerikanischer oder asiatischer Wildreben. Sie sind von Natur aus weniger anfällig für Pilzkrankheiten und benötigen daher signifikant weniger oder sogar gar keinen Pflanzenschutz. Für den bewussten Konsumenten sind Weine aus PIWI-Rebsorten eine exzellente Wahl, da sie Weinbau mit minimalem Eingriff ermöglichen.

Checkliste: Ihr Weg zum bewussten Weinkauf

  1. Zertifizierungen prüfen: Achten Sie auf anerkannte Bio-Siegel (EU-Bio, Demeter, Bioland). Diese garantieren den Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide.
  2. Informationen einholen: Fragen Sie direkt beim Winzer oder im Fachhandel nach dem Einsatz von PIWI-Rebsorten und nach histaminarmen Ausbaumethoden.
  3. Anspruch und Realität abgleichen: Genießen Sie Wein als Kulturgut, nicht als Medizin. Prüfen Sie kritisch, ob der Kauf durch Gesundheitsargumente oder durch den Wunsch nach Genuss motiviert ist.
  4. Biodiversität wertschätzen: Bevorzugen Sie Weingüter, die aktiv die Artenvielfalt im Weinberg fördern (z.B. durch Blühstreifen, Nistkästen). Dies ist oft auf deren Website dokumentiert.
  5. Konsum strategisch anpassen: Erwägen Sie, den täglichen Weinkonsum durch gezielte, alkoholfreie Alternativen (wie Traubenkernextrakt) zu ersetzen und Wein besonderen Anlässen vorzubehalten.

Darf „alkoholfrei“ noch 0,5% Alkohol enthalten? (Ja, darf es)

Für viele Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen oder während der Schwangerschaft auf Alkohol verzichten, scheinen „alkoholfreie“ Weine, Biere oder Sekte eine ideale Alternative zu sein. Doch die Bezeichnung „alkoholfrei“ kann irreführend sein und bedarf einer genaueren Betrachtung der deutschen Gesetzgebung. Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass diese Produkte absolut keinen Alkohol enthalten. Tatsächlich ist dies in den meisten Fällen nicht so.

Das deutsche Lebensmittelrecht ist hier eindeutig: Ein Getränk darf als „alkoholfrei“ deklariert werden, solange es einen Alkoholgehalt von maximal 0,5 Volumenprozent (% vol.) nicht überschreitet. Diese Regelung hat einen praktischen Hintergrund: Bei vielen Herstellungsprozessen, etwa der Gärung, entsteht Alkohol auf natürliche Weise, und eine vollständige Entfernung ist technisch aufwendig oder verändert den Geschmack stark. Selbst in Lebensmitteln, die man nicht mit Alkohol assoziiert, können Spuren enthalten sein; so kann eine sehr reife Banane bis zu 0,6 % vol. Alkohol aufweisen.

Wer komplett auf Alkohol verzichten möchte oder muss, sollte daher gezielt nach Produkten mit der Kennzeichnung „0,0 %“ suchen. Nur diese garantieren, dass der Restalkoholgehalt unter der Nachweisgrenze von 0,03 % vol. liegt. Laut deutschem Lebensmittelrecht ist der Unterschied klar definiert, aber nicht allen Konsumenten bekannt. Für bestimmte Risikogruppen ist diese Unterscheidung essenziell: Schwangere sollten ausschließlich zu 0,0%-Produkten greifen, und auch für trockene Alkoholiker können selbst die geringen Mengen in „alkoholfreien“ Getränken oder allein der bier- oder weinähnliche Geschmack ein Rückfallrisiko (Trigger) darstellen.

Eine weitere Besonderheit der Kennzeichnung: Laut Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) muss der Alkoholgehalt erst ab einem Wert von 1,2 % vol. auf dem Etikett ausgewiesen werden. Viele Hersteller von 0,5%-Produkten geben den genauen Wert jedoch freiwillig an, um für Transparenz zu sorgen. Es lohnt sich also immer, das Kleingedruckte zu lesen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die höchsten Konzentrationen an OPC und Resveratrol finden sich in den Kernen und Schalen (Trester), nicht im Saft oder Wein.
  • Trauben und Traubensaft sind aufgrund ihres hohen Fructosegehalts keine idealen Gesundheitsgetränke.
  • Die gesundheitlichen Risiken von Alkohol (WHO-Einstufung als Karzinogen) überwiegen bei Weitem jeden potenziellen Nutzen einzelner Inhaltsstoffe.

Kräutertee statt Schnaps: Welche Infusion hilft wirklich nach einem schweren Essen?

In vielen Kulturen, auch in Deutschland, hält sich hartnäckig der Glaube, ein „Verdauungsschnaps“ nach einem üppigen Mahl helfe dem Magen bei seiner Arbeit. Ob Kräuterlikör oder Obstbrand – die wärmende Wirkung des Alkohols wird als wohltuend und verdauungsfördernd empfunden. Aus ernährungsmedizinischer Sicht ist jedoch das genaue Gegenteil der Fall. Alkohol entspannt zwar kurzfristig die Magenmuskulatur, was als Linderung empfunden werden kann, aber er verlangsamt gleichzeitig die Magenentleerung. Das Essen bleibt länger im Magen, die Verdauung wird behindert statt gefördert.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) bestätigt diese wissenschaftliche Erkenntnis. In einer Stellungnahme zu Alkohol und Verdauung wird klargestellt, dass der Verdauungsschnaps die Verdauung eher verlangsamt, als dass er sie fördert. Eine weitaus effektivere und gesündere Alternative zur Unterstützung der Verdauung findet sich im Reich der Kräutertees. Bestimmte Pflanzen enthalten ätherische Öle, die nachweislich positive Effekte auf den Magen-Darm-Trakt haben.

Der absolute Klassiker in Deutschland ist die Fenchel-Anis-Kümmel-Mischung. Diese Teemischung, die in jeder Drogerie und jedem Supermarkt (z.B. bei dm oder Rossmann) erhältlich ist, kombiniert drei Heilpflanzen mit karminativer (blähungstreibender) und spasmolytischer (krampflösender) Wirkung. Die ätherischen Öle von Anis und Kümmel regen die Produktion von Verdauungssäften an, während Fenchel beruhigend auf einen nervösen Magen wirkt. Eine Tasse dieses Tees nach dem Essen ist eine sanfte, aber wirksame Methode, um Völlegefühl und Blähungen vorzubeugen und die Verdauung auf natürliche Weise zu unterstützen – ganz ohne die schädlichen Effekte des Alkohols.

Die Wahl der richtigen Unterstützung nach dem Essen macht einen großen Unterschied. Das Wissen um die wahren Helfer der Verdauung ist ein wertvoller Beitrag zum täglichen Wohlbefinden.

Nachdem wir die Mythen rund um Wein und Trauben entlarvt haben, ist der nächste Schritt, dieses Wissen in eine bewusste und gesundheitsfördernde Praxis umzusetzen, die auf Fakten statt auf Marketing basiert.

Häufige Fragen zu Traubenprodukten und Gesundheit

Für wen sind alkoholfreie Getränke mit 0,5% problematisch?

Schwangere sollten ausschließlich 0,0%-Produkte konsumieren, da auch kleinste Mengen Alkohol für das ungeborene Kind schädlich sein können. Trockene Alkoholiker sollten auch diese meiden, da der geschmacksähnliche Trigger eine Rückfallgefahr darstellt. Ebenso sollten Kinder generell keine alkoholfreien Bier- oder Weinalternativen trinken, um eine Gewöhnung an den Geschmack zu vermeiden.

Warum enthält alkoholfreies Bier überhaupt noch Alkohol?

Bei jedem Gärungsprozess, der zur Herstellung von Bier oder Wein notwendig ist, entsteht Alkohol. Die vollständige Entfernung dieses Alkohols auf 0,0 % ist technisch sehr aufwendig und kostspielig. Ein Restgehalt von bis zu 0,5 % ist daher ein Kompromiss zwischen Geschmackserhalt und Alkoholreduktion. Interessanterweise können auch alltägliche Lebensmittel wie reife Bananen durch natürliche Gärungsprozesse einen Alkoholgehalt von bis zu 0,6 % aufweisen.

Muss der Alkoholgehalt deklariert werden?

Laut der EU-Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) muss der genaue Alkoholgehalt auf dem Etikett erst ab einem Wert von 1,2 Volumenprozent ausgewiesen werden. Bei Getränken mit geringerem Alkoholgehalt, wie eben „alkoholfreiem“ Bier oder Wein, ist die Angabe „alkoholfrei“ oder „max. 0,5 % vol.“ eine freiwillige, aber von den meisten Herstellern praktizierte Angabe zur Verbraucherinformation.

Geschrieben von Dr. Hans-Jürgen Weber, Promovierter Agrarwissenschaftler und Winzermeister mit Spezialisierung auf Steillagenweinbau an der Mosel. Über 35 Jahre Erfahrung in der Bewirtschaftung von Riesling-Reben auf Schieferböden.