
Entgegen der landläufigen Meinung ist ein Prädikatswein nicht automatisch besser als ein Qualitätswein; der entscheidende Faktor für echten Genuss ist die Herkunft, nicht der Zuckergehalt.
- Das deutsche Weingesetz von 1971 stuft Weine primär nach dem Mostgewicht (Zucker) ein – ein heute überholtes Konzept.
- Moderne Spitzenweine, oft unter dem VDP-Siegel, folgen dem „Herkunfts-Prinzip“, bei dem die Qualität des Weinbergs zählt.
Empfehlung: Vertrauen Sie eher auf eine präzise Lagenbezeichnung und den VDP-Adler auf dem Etikett als auf ein hohes Prädikat allein, um das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu finden.
Sie stehen vor dem Supermarktregal, eine Wand aus Weinflaschen starrt Ihnen entgegen. Die Etiketten sind ein Labyrinth aus Begriffen: Qualitätswein, Kabinett, Spätlese, VDP.Adler. Die intuitive Annahme ist klar: Die Pyramide auf vielen Infografiken suggeriert, dass Prädikatswein die Spitze der deutschen Weinqualität darstellt. Man greift also zur Spätlese, weil sie „höherwertiger“ sein muss als ein einfacher Qualitätswein. Doch ist das wirklich der Garant für mehr Trinkvergnügen?
Die Realität ist komplexer und faszinierender. Das Fundament des offiziellen deutschen Qualitätssystems, das Weingesetz von 1971, basiert fast ausschließlich auf einem Kriterium: dem Zuckergehalt der Trauben bei der Lese, dem sogenannten Mostgewicht. Dieses System war eine Reaktion auf andere Zeiten, hat aber zur Folge, dass der Fokus auf Süße oft die wahre Essenz eines Weins überdeckt: seinen Charakter, seine Herkunft, sein Terroir. Für den Verbraucher entsteht so eine gefährliche Vereinfachung, die „1971er-Falle“, bei der ein hoher Zuckergehalt fälschlicherweise mit hoher Qualität gleichgesetzt wird.
Doch was, wenn der wahre Qualitäts-Kompass nicht der Zucker, sondern der Ort ist, an dem die Reben wachsen? Dieser Artikel bricht mit dem alten Mythos. Wir werden den Code der Weinetiketten für Sie knacken und Ihnen zeigen, warum das Herkunfts-Prinzip, angeführt von engagierten Winzern des VDP, heute der verlässlichere Wegweiser zu exzellentem Wein ist. Sie erhalten das Rüstzeug, um Etiketten-Kompetenz zu entwickeln und selbst im Discounter zielsicher die Flaschen zu finden, die echten Genuss versprechen – oft jenseits der bekannten Prädikate.
Dieser Leitfaden ist Ihr Wegweiser durch den Dschungel der deutschen Weinklassifizierung. Wir werden die entscheidenden Fragen beantworten, damit Sie bei Ihrem nächsten Weinkauf eine fundierte und sichere Entscheidung treffen können.
Inhaltsverzeichnis: Ihr Wegweiser zur Weinqualität
- Was verrät Ihnen die A.P.-Nr. auf dem Etikett über die Herkunft des Weins?
- Zuckerzugabe erlaubt: Wann darf ein Qualitätswein angereichert werden und wann nicht?
- Warum ein hohes Mostgewicht nicht automatisch einen besseren Wein bedeutet
- VDP.Adler vs. Gesetzesstandard: Wem sollten Sie beim Kauf mehr vertrauen?
- Wie Sie Discounter-Weine erkennen, die sich als teure Marken tarnen
- Die Süßwein-Falle: Welchen Fehler der 1970er Jahre die heutige Weinpolitik vermeidet
- Welche Kriterien muss ein Wein erfüllen, um die amtliche Prüfnummer zu erhalten?
- Kabinett, Spätlese, Auslese: Welches Prädikat bietet Ihnen das meiste Trinkvergnügen für unter 20 €?
Was verrät Ihnen die A.P.-Nr. auf dem Etikett über die Herkunft des Weins?
Auf dem Rückenetikett fast jeder Flasche deutschen Qualitäts- oder Prädikatsweins finden Sie eine unscheinbare Zahlenfolge: die Amtliche Prüfungsnummer, kurz A.P.-Nr. Für viele Verbraucher ist sie nur ein bürokratisches Detail, doch in Wahrheit ist sie ein erster, wenn auch begrenzter, Schlüssel zur Identität des Weins. Sie ist kein Gütesiegel für herausragenden Geschmack, sondern der Nachweis, dass der Wein eine amtliche Prüfung bestanden hat und den gesetzlichen Mindestanforderungen seiner Kategorie entspricht.

Die Nummer selbst ist ein Code, der Auskunft über die administrative Herkunft der Abfüllung gibt. Die erste Ziffer steht für die Prüfstelle (z.B. 5 für Neustadt in der Pfalz), die folgenden Ziffern codieren die Gemeinde und den Betrieb des Abfüllers. Die letzten Ziffern geben Aufschluss über die Füllungscharge und das Jahr der Antragstellung. Für Sie als Verbraucher bedeutet das: Die A.P.-Nr. bestätigt, dass der Wein legal als Qualitätswein deklariert werden darf, aber sie verrät nichts über die Qualität des Weinbergs oder das Können des Winzers.
Die Amtliche Prüfungsnummer ist die jedem „Qualitätswein“ und „Prädikatswein“ nach Deutschem Weinrecht zugeteilte Nummer, die das erfolgreiche Passieren der Qualitätsweinprüfung bestätigt. Ihre Angabe auf dem Etikett ist obligatorisch.
– Wikipedia, Amtliche Prüfungsnummer – Definition
Die A.P.-Nr. verrät also nicht, *woher* die Trauben genau stammen (der Weinberg), sondern nur, *wo* der Wein geprüft und abgefüllt wurde. Ein Wein mit Trauben aus einer berühmten Lage kann dieselbe Prüfstellennummer haben wie ein Massenwein aus derselben Region. Die Nummer ist ein Passierschein, keine Medaille.
Zuckerzugabe erlaubt: Wann darf ein Qualitätswein angereichert werden und wann nicht?
Einer der fundamentalsten Unterschiede zwischen Qualitätswein und Prädikatswein liegt in einer einzigen, entscheidenden Regelung: der sogenannten Anreicherung oder Chaptalisation. Dieser Prozess, bei dem dem unvergorenen Traubenmost vor der Gärung Zucker zugesetzt wird, dient dazu, den potenziellen Alkoholgehalt des fertigen Weins zu erhöhen. Dies ist besonders in kühleren Jahrgängen relevant, in denen die Trauben nicht ihre volle physiologische Reife erreichen.
Die Regel ist einfach und für Sie als Verbraucher ein zentrales Unterscheidungsmerkmal: Bei Weinen bis zur Stufe Qualitätswein ist die Anreicherung gesetzlich erlaubt und streng reguliert. Bei Prädikatsweinen (von Kabinett bis Trockenbeerenauslese) ist sie grundsätzlich verboten. Ein Prädikatswein muss seinen Alkoholgehalt also ausschließlich aus dem natürlichen Zucker der Trauben entwickeln. Dies ist der Kern des gesetzlichen Reinheitsgebots für die höhere Kategorie und der Grund, warum das Mostgewicht hier so eine zentrale Rolle spielt.
Die erlaubte Menge der Zuckerzugabe variiert je nach Weinbauzone in Deutschland, wie eine Analyse der Weinbauzonen zeigt. In den meisten Gebieten darf der Alkoholgehalt um bis zu 3 Vol.% erhöht werden, während in der wärmsten Zone, Baden, die Grenzen traditionell strenger sind.
| Weinbauzone | Anbaugebiete | Max. Anreicherung |
|---|---|---|
| Zone A | Alle außer Baden | ca. 3,5 Vol.% Alkohol |
| Zone B | Baden | ca. 2,5 Vol.% Alkohol |
Das Verbot der Anreicherung bei Prädikatsweinen ist der Grund, warum diese Kategorie oft als „natürlicher“ oder „unverfälschter“ wahrgenommen wird. Es zwingt den Winzer, die volle Reife am Rebstock abzuwarten. Doch wie wir sehen werden, ist diese Fokussierung auf Zucker allein nicht der Weisheit letzter Schluss.
Warum ein hohes Mostgewicht nicht automatisch einen besseren Wein bedeutet
Das Fundament des deutschen Weingesetzes von 1971 ist das Mostgewicht – also die Dichte des Traubenmosts, die primär durch seinen Zuckergehalt bestimmt wird. Je höher das Mostgewicht, desto höher das mögliche Prädikat: von Kabinett über Spätlese bis zur Auslese. Diese Logik suggeriert eine einfache Qualitätsleiter: mehr Zucker = besserer Wein. Doch diese Annahme ist die größte Falle für den modernen Weinkäufer. Ein hohes Mostgewicht garantiert lediglich einen potenziell höheren Alkoholgehalt oder mehr Restsüße, aber es sagt nichts über die aromatische Komplexität, die Balance oder die Finesse des Weins aus.

Ein Wein kann ein hohes Mostgewicht haben, weil die Trauben bei heißem Wetter fast zu Rosinen geschrumpft sind, ihm aber die Säure und die vielschichtigen Aromen fehlen, die für einen großen Wein unerlässlich sind. Qualität ist Balance, nicht Maximierung. Ironischerweise führt der Klimawandel dazu, dass hohe Mostgewichte heute leichter zu erreichen sind als je zuvor. Das Prädikatssystem verliert dadurch an Aussagekraft. Winzer und Kenner wenden sich zunehmend davon ab, was sich auch in offiziellen Zahlen widerspiegelt. So zeigen aktuelle Statistiken des Bundesamts, dass der Anteil von Prädikatswein 2024 mit nur 16,1% deutlich niedriger lag als im Vorjahr (23,7%).
Dies ist ein klares Signal des Marktes: Die reine Konzentration auf Zucker ist ein Auslaufmodell. Winzer, die auf Terroir und Balance setzen, verzichten oft bewusst auf hohe Prädikate und klassifizieren ihre Spitzenweine als trockene Qualitätsweine mit präziser Herkunftsangabe. Für Sie bedeutet das: Ein „einfacher“ Qualitätswein von einem Top-Winzer aus einer Top-Lage kann einer Spätlese vom Discounter haushoch überlegen sein.
VDP.Adler vs. Gesetzesstandard: Wem sollten Sie beim Kauf mehr vertrauen?
Während das offizielle Weingesetz auf dem Zucker-Fokus beruht, hat sich eine Gruppe von Spitzenwinzern zu einem eigenen, strengeren System zusammengeschlossen: dem Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP). Ihr Erkennungszeichen ist der VDP.Adler auf der Flaschenkapsel – ein Symbol, das für viele Weinkenner heute eine größere Aussagekraft hat als die staatlichen Prädikate. Der Grund dafür ist ein fundamental anderer Ansatz: das Herkunfts-Prinzip, inspiriert von den großen Weinregionen wie Burgund oder Bordeaux.
Die VDP-Klassifikation entstand als direkte Antwort auf die als Fehlentwicklung empfundenen Folgen des Weingesetzes von 1971. Damals wurden tausende Einzellagen zu unübersichtlichen Großlagen zusammengefasst, was es laut VDP fast unmöglich machte, gute von schlechten Weinen zu unterscheiden. Der VDP setzte daher auf eine strenge, an der Qualität des Weinbergs (Terroir) orientierte Pyramide. Anstatt zu fragen „Wie viel Zucker war in der Traube?“, fragt der VDP: „Woher kommt der Wein?“.
Dieser Paradigmenwechsel von Zucker zu Herkunft ist der Kern des Konflikts zwischen den beiden Systemen. Der VDP definiert seine Qualität über strenge Kriterien wie reduzierte Erträge, vorgeschriebene Rebsorten und Handlese in den Spitzenlagen. Die folgende Tabelle, basierend auf den offiziellen VDP-Statuten, verdeutlicht die Unterschiede.
| Kriterium | VDP-System (Herkunft) | Gesetzliches System (Zucker) |
|---|---|---|
| Fokus | Herkunft / Terroir | Mostgewicht / Zuckergehalt |
| Stufen | 4 (Gutswein bis Große Lage) | 6 Prädikate (Kabinett etc.) |
| Max. Ertrag | Stark begrenzt (z.B. 50 hl/ha für GG) | Weniger streng geregelt |
| Handlese | Pflicht für VDP.GROSSE LAGE® | Nur bei höchsten Prädikaten |
Für Sie als Verbraucher ist der VDP.Adler daher ein verlässlicher Qualitäts-Kompass. Er garantiert, dass der Wein von einem der führenden Güter Deutschlands stammt, das sich selbst strengere Regeln auferlegt hat als der Gesetzgeber. Ein VDP.Gutswein (die Basis der Pyramide) bietet oft mehr Charakter und Qualität als ein anonymer Prädikatswein aus dem Supermarkt.
Wie Sie Discounter-Weine erkennen, die sich als teure Marken tarnen
Das neu gewonnene Wissen über Herkunft und Qualitätssiegel ist besonders im Supermarkt und beim Discounter Gold wert. Hier stehen oft Weine im Regal, die mit goldenen Medaillen und klangvollen Namen den Anschein von Hochwertigkeit erwecken, aber in Wirklichkeit Massenprodukte sind. Doch mit geschultem Blick können Sie die Spreu vom Weizen trennen und echte Preis-Leistungs-Sieger finden. Der Schlüssel liegt darin, nach den gleichen Signalen zu suchen, die auch bei teuren Weinen für Qualität bürgen.
Der wichtigste Hinweis ist die Angabe des Abfüllers. Suchen Sie nach den Worten „Erzeugerabfüllung“ oder „Gutsabfüllung“. Das bedeutet, der Wein wurde von dem Weingut abgefüllt, das auch die Trauben angebaut hat. Es ist ein starkes Indiz für Handwerk und Kontrolle über den gesamten Prozess. Steht dort nur „Abfüller:“, handelt es sich oft um große Kellereien, die Wein von verschiedenen Quellen zukaufen und abfüllen. Ein weiteres starkes Signal ist eine konkrete Lagenbezeichnung (z.B. „Forster Ungeheuer“) anstelle einer vagen Großlage (z.B. „Forster Mariengarten“).
Es ist ein Fakt, dass der Großteil der deutschen Weinproduktion auf Qualitätsweine entfällt. Allein im Jahr 2024 wurden laut Statistischem Bundesamt 6,0 Millionen Hektoliter Qualitätswein produziert, was 77,6 % der Gesamtproduktion entspricht. In dieser riesigen Menge verstecken sich Perlen – oft von Winzern, die bewusst auf hohe Prädikate verzichten und stattdessen trockene, herkunftsgeprägte Qualitätsweine erzeugen, die auch über Discounter vertrieben werden.
Ihr Qualitäts-Check im Supermarkt: 5 Punkte zum Entlarven
- Prüfen Sie den Abfüller: Suchen Sie gezielt nach „Erzeugerabfüllung“ oder „Gutsabfüllung“ auf dem Rückenetikett. Fehlt dieser Hinweis, ist Vorsicht geboten.
- Achten Sie auf die Herkunft: Bevorzugen Sie Weine mit einer präzisen, kleinteiligen Lagenbezeichnung statt einer allgemeinen Großlage oder nur einer Region.
- Ignorieren Sie Fantasie-Medaillen: Lassen Sie sich nicht von unbekannten Goldprämierungen und pompösen Etiketten blenden. Echte Qualität braucht kein Bling-Bling.
- Checken Sie die A.P.-Nummer: Jeder Qualitäts- und Prädikatswein muss sie tragen. Fehlt sie, handelt es sich um einfachen „Deutschen Wein“.
- Suchen Sie den VDP.Adler: Auch im Supermarkt finden sich manchmal Weine von VDP-Winzern. Der Adler auf der Kapsel ist fast immer ein Garant für überdurchschnittliche Qualität.
Mit dieser Checkliste wird Ihr nächster Gang durch den Supermarkt zu einer gezielten Suche nach Qualität statt einem Ratespiel. Sie sind nun in der Lage, die wahren Signale von reiner Marketing-Fassade zu unterscheiden.
Die Süßwein-Falle: Welchen Fehler der 1970er Jahre die heutige Weinpolitik vermeidet
Um zu verstehen, warum das deutsche Weingesetz so stark auf Zucker fokussiert ist, müssen wir eine Zeitreise in die 1970er Jahre machen. Nach dem Krieg war die Nachfrage nach einfachen, süßlichen Weinen enorm. Das 1971 verabschiedete Weingesetz kam dieser Nachfrage entgegen, indem es eine leicht verständliche Qualitätspyramide schuf, die auf dem Mostgewicht basierte. Das Ergebnis war ein Boom von Marken wie „Liebfraumilch“, einem halbsüßen Qualitätswein, der zum Symbol für billigen deutschen Wein im Ausland wurde und dem Ansehen des deutschen Weins nachhaltig schadete.
Diese „Süßwein-Falle“ definierte Qualität über Süße und Ertrag, nicht über Herkunft und Charakter. Es war die Geburtsstunde der großen, unübersichtlichen Lagenbezeichnungen, die es ermöglichten, einfache Weine unter einem bekannten Namen zu vermarkten. Genau gegen diese Entwicklung formierte sich der Widerstand der qualitätsorientierten Winzer, der schließlich in der Stärkung des VDP und seiner herkunftsbasierten Philosophie mündete. Der VDP etablierte seine eigenen, strengeren Vorgaben mit klarem Blick auf die Klassifikationssysteme in Bordeaux und Burgund, um den deutschen Spitzenwein wieder international konkurrenzfähig zu machen.
Heute hat sich das Blatt gewendet. Der Markt verlangt nach trockenen, charaktervollen Weinen. Die Weinpolitik und die Winzer haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Während Prädikatsweine mit Restsüße weiterhin ihre Liebhaber haben, ist der Fokus der Spitzenproduktion klar auf trockene Weine mit präziser Herkunftsangabe gerichtet. Die Dominanz des Qualitätsweins in der Produktion zeigt dies deutlich. Wie Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums belegen, eigneten sich von der Erntemenge 2024 rund 75,7% für Qualitätswein, ein Anstieg um sechs Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr.
Die Lehre aus der Geschichte ist klar: Ein System, das nur auf Zucker schaut, kann leicht in eine Sackgasse führen. Die heutige Qualitätsbewegung korrigiert diesen historischen Fehler, indem sie den Weinberg wieder in den Mittelpunkt stellt.
Welche Kriterien muss ein Wein erfüllen, um die amtliche Prüfnummer zu erhalten?
Die Vergabe der Amtlichen Prüfungsnummer (A.P.-Nr.) ist der letzte administrative Schritt, bevor ein Wein als Qualitäts- oder Prädikatswein verkauft werden darf. Doch was wird hier genau geprüft? Entgegen der Annahme vieler Verbraucher handelt es sich nicht um einen Wettbewerb, bei dem nur die besten Weine eine Auszeichnung erhalten. Es ist vielmehr eine Art „Wein-TÜV“, der sicherstellt, dass das Produkt die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt und keine groben Fehler aufweist.
Bevor ein Wein zur sensorischen Prüfung zugelassen wird, muss er eine analytische Laborprüfung bestehen. Hier wird sichergestellt, dass Werte wie Alkohol- und Säuregehalt den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Der entscheidende Teil ist jedoch die sensorische Prüfung durch eine Kommission aus erfahrenen Prüfern. Hier wird der Wein nach einem 5-Punkte-Schema in den Kategorien Klarheit, Geruch, Geschmack und Harmonie bewertet. Um zu bestehen, muss ein Wein in jeder Kategorie eine Mindestpunktzahl erreichen und darf keinen Weinfehler aufweisen. Fällt er in einer Kategorie durch (z.B. 0 Punkte im Geruch wegen eines Korkfehlers), wird er abgelehnt.
Die formalen Voraussetzungen sind ebenfalls streng: Der Wein muss aus Trauben der Rebsorte Vitis vinifera stammen, die in einem der 13 deutschen Anbaugebiete gewachsen sind. Zudem muss die vorgeschriebene Erntemenge pro Hektar eingehalten worden sein. Zusammenfassend sind die Kriterien für die Vergabe:
- Sensorische Prüfung: Der Wein wird auf Farbe, Klarheit, Geruch und Geschmack geprüft und muss in jedem Bereich eine Mindestnote erreichen.
- Analytische Prüfung: Alkohol-, Zucker- und Säurewerte müssen den gesetzlichen Normen entsprechen.
- Herkunftsnachweis: Die Trauben müssen zu 100 % aus dem angegebenen deutschen Anbaugebiet stammen.
- Rebsorten-Reinheit: Der Wein muss aus zugelassenen Rebsorten der Spezies Vitis vinifera hergestellt sein.
Das Bestehen dieser Prüfung ist also eine grundlegende Hürde, kein Prädikat für Exzellenz. Es bestätigt die Korrektheit und die Abwesenheit von Fehlern, gibt aber kaum Aufschluss darüber, ob der Wein auch ein besonderes Genusserlebnis bietet.
Das Wichtigste in Kürze
- Das gesetzliche Prädikat (z.B. Spätlese) basiert auf dem Zuckergehalt der Trauben, nicht auf dem Geschmack oder der Herkunft.
- Der VDP.Adler ist das Siegel eines privaten Verbands, das auf der Qualität des Weinbergs (Terroir) basiert und oft ein verlässlicherer Indikator für hohe Qualität ist.
- Achten Sie im Supermarkt auf „Erzeugerabfüllung“ und präzise Lagenbezeichnungen – das sind oft bessere Qualitätssignale als ein hohes Prädikat.
Kabinett, Spätlese, Auslese: Welches Prädikat bietet Ihnen das meiste Trinkvergnügen für unter 20 €?
Nun zur entscheidenden Frage am Weinregal: Wo bekomme ich das beste Preis-Leistungs-Verhältnis im Bereich bis 20 Euro? Sollte ich zu einer günstigen Spätlese greifen oder ist ein teurerer Kabinettwein die bessere Wahl? Die Antwort liegt, wie wir gesehen haben, nicht im Prädikat allein, sondern in der Kombination aus Herkunft, Winzer und Weinstil. Für den alltäglichen Genuss und als Essensbegleiter sind es oft die trockenen Weine, die am meisten Freude bereiten.
Hier kommt eine Kategorie ins Spiel, die oft übersehen wird, aber enormes Potenzial bietet: der VDP.Gutswein. Dies ist die Basis der VDP-Pyramide und quasi die Visitenkarte des Weinguts. Diese Weine stammen aus gutseigenen Weinbergen, unterliegen den strengen VDP-Produktionsstandards und bieten für einen Preis von oft 10 bis 20 Euro ein herausragendes Qualitätsniveau. Ein VDP.Gutswein von einem Spitzenwinzer übertrifft in Komplexität und Charakter fast immer eine anonyme Supermarkt-Spätlese.
Die folgende Tabelle, basierend auf einer Analyse von Experten von WirWinzer, gibt Ihnen eine Orientierung, welcher Weintyp für welchen Anlass das meiste Trinkvergnügen verspricht.
| Weintyp | Typischer Preis | Charakteristik | Bester Anlass |
|---|---|---|---|
| Kabinett (feinherb) | 8-15 € | Leicht, fruchtig, wenig Alkohol | Aperitif, Sommerwein |
| Spätlese (trocken) | 12-18 € | Kraftvoll, komplex, substanzreich | Gehobener Essensbegleiter |
| VDP.Gutswein (trocken) | 10-20 € | Terroir-betont, klar, verlässlich | Allrounder, bestes Preis-Leistungs-Verhältnis |
Die klare Empfehlung für den qualitätsbewussten Käufer unter 20 Euro ist daher: Halten Sie Ausschau nach dem VDP.Adler auf der Kapsel. Ein trockener Riesling als VDP.Gutswein ist oft die intelligenteste Wahl. Er vereint die Handschrift eines Top-Winzers mit dem Charakter einer Region und bietet ein Maß an Präzision und Genuss, das gesetzliche Prädikate allein nicht garantieren können.
Bewaffnet mit diesem Wissen sind Sie nicht länger ein Opfer verwirrender Etiketten. Sie sind ein mündiger Verbraucher, der hinter die Fassade des Zuckers blickt und die wahre Qualität erkennt, die in der Herkunft eines Weins liegt. Nutzen Sie Ihre neue Etiketten-Kompetenz bei Ihrem nächsten Einkauf und entdecken Sie die Welt der charaktervollen deutschen Weine jenseits der alten Mythen.
Häufige Fragen zu Qualitätswein oder Prädikatswein: Welches Siegel garantiert Ihnen den besseren Genuss?
Ist jeder Wein mit einer A.P.-Nummer ein guter Wein?
Nein, nicht zwangsläufig. Die A.P.-Nummer bestätigt nur, dass der Wein eine sensorische und analytische Mindestprüfung bestanden hat und den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Sie ist ein Nachweis der Verkehrsfähigkeit, aber kein Siegel für herausragende Qualität oder besonderen Geschmack.
Kann ich mich auf Medaillen von Weinwettbewerben auf der Flasche verlassen?
Nur bedingt. Es gibt renommierte Wettbewerbe, deren Auszeichnungen eine gewisse Aussagekraft haben. Allerdings existieren auch sehr viele weniger bekannte Prämierungen, die teils gegen eine Gebühr vergeben werden. Eine Goldmedaille von einem unbekannten Wettbewerb ist oft nur ein Marketinginstrument. Verlassen Sie sich eher auf die harten Fakten wie Erzeugerabfüllung und Herkunftsangabe.
Wenn ein Wein „trocken“ ist, kann er dann trotzdem ein Prädikatswein wie „Spätlese“ sein?
Ja, absolut. Das Prädikat (z.B. Spätlese) bezieht sich auf den Zuckergehalt der Trauben *bei der Lese*. Die Geschmacksangabe „trocken“ bezieht sich auf den Restzuckergehalt im *fertigen Wein*. Eine Spätlese trocken ist also ein Wein aus sehr reifen Trauben, der komplett durchgegoren wurde und daher wenig Restzucker hat. Er ist oft kraftvoll und komplex.