Veröffentlicht am März 11, 2024

Die perfekte Weinbegleitung zu Thai-Curry ist keine Frage des Ausprobierens, sondern des Verständnisses chemischer Prinzipien.

  • Hoher Alkoholgehalt potenziert die Schärfe von Chili (Capsaicin) und führt zu einer sensorischen Kollision.
  • Säure im Wein durchschneidet Fett (z. B. Kokosmilch) und sorgt für Frische, während Restsüße die Schärfe neutralisiert.

Empfehlung: Wählen Sie Weine mit niedrigem Alkohol, präsenter Säure und idealerweise einer leichten Restsüße, wie einen Riesling Kabinett oder feinherb, um die Komplexität eines Thai-Currys harmonisch zu ergänzen.

Das dampfende Thai-Curry duftet verführerisch nach Zitronengras, Galgant und Chili. Die Vorfreude ist groß, doch dann kommt die quälende Frage: Welcher Wein passt dazu? Viele greifen aus Gewohnheit zur falschen Flasche und erleben eine herbe Enttäuschung: Der Wein schmeckt metallisch, die Schärfe brennt unerträglich oder die feinen Aromen des Gerichts gehen komplett unter. Die gängigen Ratschläge wie „Weißwein zu asiatischem Essen“ sind oft zu pauschal und ignorieren die Komplexität der Aromen. Der deutsche Weinkonsum mag zwar, wie aktuelle Statistiken mit rund 19 Litern pro Person zeigen, stabil sein, doch die Kunst des Kombinierens bleibt für viele ein Mysterium.

Doch was, wenn die Lösung nicht in starren Regeln, sondern im Verständnis der zugrunde liegenden Interaktionen liegt? Die Wahrheit ist: Das perfekte Pairing ist keine Magie, sondern angewandte Chemie. Es geht um die bewusste Konstruktion einer Geschmacks-Architektur, bei der die Komponenten des Weins – Alkohol, Säure und Zucker – gezielt als Werkzeuge eingesetzt werden, um die Herausforderungen eines Thai-Currys – Schärfe, Fett, Salzigkeit und Umami – zu meistern. Statt blind zu raten, lernen Sie, die sensorischen Hebel zu bedienen.

Dieser Artikel entschlüsselt die fundamentalen Prinzipien hinter gelungenen Kombinationen. Wir werden analysieren, warum manche Weine als Brandbeschleuniger wirken, während andere wie ein maßgeschneiderter Feuerlöscher fungieren. Am Ende werden Sie nicht nur wissen, *welcher* Wein passt, sondern vor allem *warum* er passt – und wie Sie dieses Wissen nutzen können, um jedes asiatische Gericht souverän zu begleiten.

Die folgende Analyse führt Sie durch die entscheidenden Interaktionen von Wein und Speisen. Entdecken Sie die wissenschaftlichen Grundlagen, die Ihr nächstes kulinarisches Erlebnis transformieren werden.

Warum alkoholstarke Weine bei scharfem Essen wie Brandbeschleuniger wirken

Der erste und häufigste Fehler bei der Kombination von Wein und scharfem Essen ist die Wahl eines zu alkoholstarken Weins. Was viele intuitiv spüren, hat eine klare chemische Grundlage. Die Schärfe in Chilischoten wird durch das Molekül Capsaicin verursacht. Dieses Molekül ist nicht wasserlöslich, aber sehr gut in Alkohol und Fett löslich. Trinkt man also einen Wein mit hohem Alkoholgehalt (z.B. ein kräftiger Rotwein oder ein opulenter Chardonnay mit 13,5 % vol. oder mehr) zu einem scharfen Curry, löst der Alkohol das Capsaicin von den Geschmacksrezeptoren und verteilt es im gesamten Mundraum. Das Ergebnis ist eine sensorische Kollision: Das brennende Gefühl wird nicht gelindert, sondern potenziert.

Rotweine sind doppelt problematisch. Neben dem oft höheren Alkoholgehalt bringen sie Tannine mit. Diese Gerbstoffe reagieren ebenfalls mit den Proteinen im Speichel und können in Kombination mit Schärfe ein unangenehm bitteres und adstringierendes Gefühl hinterlassen. Die landläufige Meinung, Rotwein zu scharfem Essen zu meiden, hat also einen wahren Kern, der primär auf dem Zusammenspiel von Alkohol, Tannin und Capsaicin beruht. Ein leichter, tannin-armer Rotwein mit niedrigem Alkoholgehalt kann zwar funktionieren, doch Weißweine bieten in der Regel die sicherere und harmonischere Lösung.

Die goldene Regel lautet daher: Je schärfer das Gericht, desto niedriger sollte der Alkoholgehalt des Weins sein. Weine mit 10-11,5 % vol. sind ein guter Ausgangspunkt. Bei sehr scharfen Gerichten sind Weine mit unter 10 % vol. die beste Wahl, da sie das Feuer nicht zusätzlich anfachen, sondern Raum für andere harmonisierende Elemente wie Süße und Säure lassen.

Wie ein säurebetonter Riesling einen fetten Gänsebraten „leicht“ macht

Säure ist der unsung hero in der Welt der Wein-Speisen-Kombination. Ihre wichtigste Funktion ist die Fähigkeit, Fett zu durchschneiden und den Gaumen zu reinigen. Ein klassisches Beispiel aus der deutschen Küche ist der fette Gänsebraten. Ein Schluck eines säurebetonten Rieslings wirkt hier wie ein Gaumen-Reset: Die Säure emulgiert das Fett, hebt die Schwere des Gerichts auf und macht den nächsten Bissen wieder genauso genussvoll wie den ersten. Ohne diese Säure würde das Gericht schnell als zu mächtig und undifferenziert empfunden.

Genau dieses Prinzip lässt sich eins zu eins auf ein cremiges Thai-Curry übertragen. Die Basis vieler Currys ist reichhaltige Kokosmilch. Diese sorgt zwar für eine wunderbare Textur und Geschmackstiefe, kann den Gaumen aber auch belegen. Ein Wein ohne ausreichende Säurestruktur würde unter dieser Reichhaltigkeit verschwinden und flach wirken. Ein Riesling mit prägnanter, „kristalliner“ Säure, wie er typisch für die Mosel ist, tanzt förmlich auf der Zunge. Er durchdringt die Cremigkeit der Kokosmilch, hebt die feineren Aromen von Zitronengras und Kaffir-Limette hervor und sorgt für eine belebende Frische, die das gesamte Gericht leichter und komplexer erscheinen lässt.

Die Säurestruktur eines Rieslings wird maßgeblich von seiner Herkunft geprägt. Wie eine Analyse der VDP-Regionen zeigt, bringen unterschiedliche Böden verschiedene Säurecharaktere hervor, die sich für unterschiedliche Curry-Typen eignen.

Säureprofile deutscher Riesling-Anbaugebiete
Anbaugebiet Säurecharakter Bodentyp Curry-Eignung
Mosel/Saar Kristallin, rasiermesserscharf Schiefer Ideal für grünes Curry
Rheingau Kraftvoll, breit Löss/Kalkstein Perfekt für Massaman
Pfalz Ausgewogen, rund Buntsandstein Vielseitig einsetzbar

Die Kunst liegt darin, die Intensität der Säure auf die Reichhaltigkeit des Gerichts abzustimmen, um eine perfekte Balance zu schaffen, statt einer Konfrontation.

Warum ein restsüßer Kabinett zu Blauschimmelkäse eine Geschmacksexplosion ist

Süße im Wein wird oft missverstanden und fälschlicherweise mit geringer Qualität assoziiert. In der anspruchsvollen Crossover-Küche ist sie jedoch ein entscheidendes Werkzeug, um intensive und herausfordernde Aromen zu balancieren. Das klassische Pairing von süßem Sauternes und salzigem Roquefort-Käse ist das Paradebeispiel für einen synergetischen Kontrapunkt: Die Süße des Weins umhüllt die aggressive Salzigkeit und die würzige Schärfe des Käses, zähmt sie und hebt gleichzeitig die nussigen, komplexen Aromen beider Partner hervor. Das Ergebnis ist weit mehr als die Summe seiner Teile.

Dieses Prinzip der „Süß-Salzig-Balance“ ist direkt auf die Thai-Küche anwendbar, die oft eine intensive Salzigkeit durch Fischsauce (Nam Pla) oder Garnelenpaste aufweist. Ein knochentrockener Wein kann von dieser Salzigkeit schnell übermannt werden, seine Fruchtaromen wirken dann karg und seine Struktur hart. Ein Wein mit einer dezenten Restsüße, wie ein Riesling Kabinett oder eine feinherbe Spätlese, vollbringt hier wahre Wunder. Die Süße bildet einen harmonischen Gegenpol zur Salzigkeit, schützt die Fruchtaromen des Weins und schafft eine Brücke zu den süßlichen Komponenten im Gericht (wie Palmzucker oder süßliche Gemüse). Die oft exotischen Fruchtnoten (Maracuja, Mango) eines solchen Rieslings bilden zudem eine natürliche Aromabrücke zu den Zutaten des Currys.

Wie die Manor Weinexperten im Manor Weinratgeber treffend bemerken: „Ein halbtrockener Riesling kontert sowohl die Süsse, entschärft dank seiner frischen Säure auch die Chillies und passt mit seinen vielfach exotischen Aromen auch sonst dazu“. Die Kombination aus Restsüße und der typischen Riesling-Säure ist der Schlüssel. Die Süße puffert Salz und Schärfe, während die Säure verhindert, dass der Wein klebrig wirkt, und für die nötige Frische und Struktur sorgt.

Artischocken und Chicorée: Wie Sie Weine finden, die nicht metallisch schmecken

Manche Zutaten sind als „Wein-Killer“ berüchtigt. Dazu gehören vor allem Artischocken und Chicorée, aber auch Spinat und Spargel. Der Grund dafür liegt in spezifischen chemischen Verbindungen. Artischocken enthalten Cynarin, eine organische Säure, die die Geschmackswahrnehmung manipuliert. Sie blockiert vorübergehend die Rezeptoren für Süße auf der Zunge. Trinkt man nach dem Verzehr von Artischocken einen Schluck Wein, wird diese Blockade aufgehoben, und selbst ein trockener Wein schmeckt plötzlich unangenehm süßlich und oft auch metallisch. Dieses Phänomen ist eine der größten Herausforderungen beim Pairing.

Um diese unerwünschte Reaktion zu vermeiden, gibt es mehrere Strategien. Die erste ist, auf Weine mit sehr ausgeprägten, dominanten eigenen Aromen und einer hohen, knackigen Säure zu setzen. Ein junger, frischer Sauvignon Blanc aus der Loire oder ein knackiger Silvaner aus Franken können der Cynarin-Wirkung standhalten, da ihre eigenen intensiven Aromen (Stachelbeere, grüner Apfel) und ihre Säurestruktur im Vordergrund bleiben. Weine mit subtilen, zarten Aromen oder solche, die im Holzfass ausgebaut wurden, sind hier oft die Verlierer.

Eine weitere, oft übersehene Taktik ist die Zubereitungsmethode. Die Zugabe von Fett (Olivenöl, Butter) oder Säure (Zitronensaft, Vinaigrette) zum Gemüse kann die Wirkung des Cynarins bereits am Gaumen abmildern und die Kombination mit Wein erleichtern. Obwohl Artischocken und Chicorée in der klassischen Thai-Küche selten sind, ist das Prinzip übertragbar auf andere bittere Gemüse, die manchmal in Currys verwendet werden. Ein Bewusstsein für diese „schwierigen“ Zutaten schärft den Blick für die Details, die über Harmonie oder Dissonanz entscheiden. In einer Zeit, in der laut aktuellen Marktdaten ein 4% Mengenrückgang beim Weinkonsum zu verzeichnen ist, wird die bewusste und qualitativ hochwertige Kombination umso wichtiger.

Welcher gereifte Wein passt zur „fünften Geschmacksrichtung“ (Pilze, Sojasauce)?

Neben süß, sauer, salzig und bitter gibt es die fünfte Geschmacksrichtung: Umami. Dieser herzhafte, fleischige Geschmack findet sich prominent in Zutaten wie Pilzen, reifen Tomaten, fermentierten Produkten wie Sojasauce und Miso, sowie in gereiftem Käse und Fleisch. Umami ist in der Weinbegleitung eine besondere Herausforderung, da es die Wahrnehmung von Bitterkeit und Adstringenz in Weinen, insbesondere von Tanninen in Rotweinen, verstärken und die Fruchtigkeit unterdrücken kann.

Junge, fruchtbetonte Weine wirken neben Umami-reichen Speisen oft eindimensional und verlieren an Komplexität. Hier schlägt die Stunde der gereiften Weine. Mit zunehmendem Alter durchläuft ein Wein eine faszinierende Transformation. Die primären Fruchtaromen treten in den Hintergrund und machen Platz für komplexe Tertiäraromen, die oft als nussig, erdig, pilzig oder an Unterholz erinnernd beschrieben werden. Ein gereifter Riesling beispielsweise entwickelt Noten von Petrol, Honig und getrockneten Aprikosen. Diese Aromen bilden eine natürliche Brücke zu den erdigen und herzhaften Noten von Umami-reichen Zutaten wie Shiitake-Pilzen oder der fermentierten Tiefe von Sojasauce in einem Thai-Gericht. Die Säure bleibt auch im Alter das Rückgrat des Weins und sorgt für die nötige Balance.

Wie die Experten von Österreich Wein in ihrem Weinratgeber zu Thai-Curry betonen, ist dies eine exzellente Strategie:

Vor allem zu Curry mit Fisch eignet sich ein kräftiger, eventuell gereifter Riesling (Smaragd oder Spätlese) ideal. Die Curry-Schärfe verlangt kräftige Frucht, der zarte Fischgeschmack Feinheit. Beides trägt ein Riesling mit balancierter Säure und Mineralik bei.

– Österreich Wein, Weinratgeber Thai-Curry

Ein gereifter Wein hat nicht mehr das Ziel, mit lauter Frucht zu konkurrieren, sondern mit seiner entwickelten Komplexität und seiner samtigeren Textur eine tiefere, intellektuellere Harmonie zu schaffen. Es ist ein Pairing für fortgeschrittene Genießer, das eine neue Dimension des Geschmacks eröffnet.

Warum ist Riesling ohne spürbare Säure oft flach und langweilig?

Die Säure ist das Rückgrat, die Wirbelsäule eines Rieslings. Ohne eine präsente, gut integrierte Säurestruktur würde selbst der aromatischste Riesling flach, undifferenziert und im schlimmsten Fall plump-süßlich wirken. Sie ist das Element, das dem Wein Spannung, Langlebigkeit und Frische verleiht. Die Säure sorgt für das „Wasser-im-Mund-zusammenlaufen“-Gefühl, regt den Speichelfluss an und macht den Wein zu einem exzellenten Speisebegleiter. Sie ist der Grund, warum ein Riesling auch mit Restsüße niemals klebrig, sondern immer animierend und elegant wirkt.

Die Qualität und der Charakter der Säure sind jedoch nicht immer gleich. Sie werden maßgeblich vom Terroir geprägt – dem einzigartigen Zusammenspiel von Boden, Klima und Topografie eines Weinbergs. Ein kühles Klima, wie es an Mosel, Saar und Ruwer herrscht, ermöglicht eine lange Reifeperiode der Trauben. Dadurch können sie intensive Aromen entwickeln, während sie gleichzeitig eine hohe, aber reife und feingliedrige Säure bewahren. Diese „kühle“ Herkunft ist oft ein Garant für Finesse und Eleganz.

Der Bodentyp spielt eine ebenso entscheidende Rolle bei der Ausprägung der Säure und der Mineralität. Er beeinflusst, wie der Wein am Gaumen wahrgenommen wird – ob die Säure „rassig“ und „scharf“ oder eher „cremig“ und „weich“ wirkt.

Terroir-Einfluss auf Riesling-Säure
Bodentyp Säurestruktur Mineralik Curry-Tauglichkeit
Schiefer (Mosel) Kristallin, präzise Sehr hoch Exzellent für scharfe Currys
Kalkstein (Rheinhessen) Cremig, weich Mittel Gut für milde Currys
Buntsandstein (Pfalz) Frisch, lebendig Moderat Vielseitig einsetzbar
Löss (Rheingau) Breit, kraftvoll Gering Ideal für cremige Currys

Ein Riesling ohne spürbare Säure ist wie ein Gebäude ohne Fundament: Es fehlt ihm an Stabilität, Definition und dem Potenzial, sich über die Zeit zu entwickeln. Beim Pairing mit einem komplexen Gericht wie Thai-Curry ist diese strukturelle Integrität unerlässlich.

Das „Feuerlöscher“-Prinzip: Wie Zucker im Wein Chili erträglich macht

Während Alkohol die Schärfe von Chili wie ein Brandbeschleuniger wirkt, funktioniert Zucker genau entgegengesetzt: Er agiert als effektiver Feuerlöscher. Dies ist das vielleicht wichtigste Prinzip für die erfolgreiche Kombination von Wein und sehr scharfen Gerichten. Die Süße im Wein legt sich wie ein schützender, samtiger Film über die Geschmacksrezeptoren am Gaumen. Dieser Film bildet eine physikalische Barriere, die es dem Capsaicin erschwert, an die Schmerzrezeptoren anzudocken. Das Ergebnis: Die Schärfe wird als weniger aggressiv und brennend empfunden.

Die Süße muss dabei nicht dominant sein. Oft reicht schon eine subtile Restsüße, wie sie in feinherben Weinen oder einem leichten Kabinett zu finden ist, um einen spürbaren lindernden Effekt zu erzielen. Der Schlüssel liegt in der Balance: Die Süße soll die Schärfe zähmen, aber nicht komplett überdecken. Gleichzeitig sorgt die unverzichtbare Säure des Rieslings dafür, dass der Wein nicht plump wirkt, sondern seine Frische und Lebendigkeit behält. Diese Dreiecksbeziehung aus Schärfe (Gericht), Süße (Wein) und Säure (Wein) ist das Herzstück einer harmonischen Geschmacks-Architektur bei scharfen Thai-Currys.

Die Wahl des Süßegrades sollte sich direkt an der Schärfe des Currys orientieren. Eine einfache Faustregel lautet: Je höher der Chili-Anteil, desto mehr Restsüße darf der Wein haben. Ein mildes grünes Curry harmoniert wunderbar mit einem trockenen bis feinherben Riesling, während ein feuriges rotes Curry nach der besänftigenden Wirkung eines Kabinetts oder einer leichten Spätlese verlangt.

Symbolische Darstellung von Weinglas und Chilischoten in Balance

Diese gezielte Nutzung von Süße ist kein Kompromiss, sondern eine hochentwickelte Technik, um maximale Harmonie und Genuss zu erzielen, selbst bei Gerichten, die den Gaumen an seine Grenzen bringen.

Ihre Checkliste für das Schärfe-Management: Der richtige Wein zum Curry

  1. Leicht scharf (z.B. mildes grünes Curry): Wählen Sie einen trockenen bis feinherben Riesling. Die knackige Säure steht im Vordergrund und sorgt für Frische.
  2. Mittelscharf (z.B. klassisches rotes Curry): Greifen Sie zu einem feinherben Riesling oder einem leichten Riesling Kabinett. Die dezente Süße beginnt, die Schärfe zu puffern.
  3. Sehr scharf (bestellt als ‚phet phet‘): Eine süße Riesling Spätlese ist hier die richtige Wahl. Ihre ausgeprägte Süße wirkt als effektiver „Feuerlöscher“.
  4. Extrem scharf: Hier stößt Wein an seine Grenzen. Eine süße Auslese kann funktionieren, aber oft sind ein Joghurt-Lassi oder Buttermilch die bessere, weil fettbasierte, Lösung.
  5. Grundregel anwenden: Überprüfen Sie Ihre Wahl mit der Faustregel: Je intensiver die Schärfe, desto mehr Restsüße wird benötigt, um die Balance zu wahren.

Das Wichtigste in Kürze

  • Alkohol meiden: Hoher Alkoholgehalt verstärkt die Schärfe von Chili. Wählen Sie Weine mit unter 12 % vol.
  • Säure umarmen: Säure durchschneidet Fett (z.B. Kokosmilch), erfrischt den Gaumen und hebt Aromen hervor. Ein säurebetonter Riesling ist ideal.
  • Süße strategisch nutzen: Restsüße im Wein (feinherb, Kabinett, Spätlese) neutralisiert Schärfe und balanciert Salzigkeit. Je schärfer das Essen, desto mehr Süße ist hilfreich.

Warum passt Riesling zu fast allem, von Sushi bis Sauerkraut?

Nachdem wir die einzelnen Interaktionen von Alkohol, Säure, Süße und Umami beleuchtet haben, wird klar, warum eine Rebsorte immer wieder als der ultimative Partner für komplexe Speisen genannt wird: der Riesling. Seine außergewöhnliche Vielseitigkeit macht ihn zum sprichwörtlichen Schweizer Taschenmesser für Sommeliers und Food-Liebhaber. Er passt zu rohem Fisch (Sushi), zu fermentiertem Kohl (Sauerkraut) und eben auch meisterhaft zu Thai-Curry.

Diese Universalität beruht auf seiner einzigartigen Fähigkeit, die drei entscheidenden Werkzeuge der Geschmacks-Architektur in einer einzigen Rebsorte zu vereinen und virtuos zu variieren. Erstens, seine hohe, prägnante Säure, die ihm Frische, Struktur und die Fähigkeit verleiht, mit fetten und cremigen Komponenten umzugehen. Zweitens, sein Potenzial, in allen Süßegraden ausgebaut zu werden – von knochentrocken über feinherb bis hin zu edelsüßen Auslesen. Dies gibt dem Winzer und dem Genießer die Möglichkeit, den Wein exakt auf die Schärfe und Salzigkeit eines Gerichts abzustimmen. Drittens, sein transparentes Aromaprofil, das stark vom Terroir geprägt ist und von Zitrusfrüchten über Steinobst bis hin zu exotischen Noten und mineralischen Anklängen reicht, wodurch sich immer eine passende Aromabrücke findet.

Susanne Salzgeber fasst dies im Weinblog „Bottled Grapes“ treffend zusammen, wie man dem Feuer im Curry begegnet:

Brennt das Curry schon leicht am Gaumen, lohnt sich nicht nur ein Blick auf den Alkoholgehalt eines Weines, sondern auch auf dessen Restsüße. Mit Prädikatsweinen ist man hier feuertechnisch auf der sicheren Seite. Oder mit halbtrockenen Weinen. Ein feinherber Mosel-Kabinett ist zum Beispiel eine sichere Genussbank. Auch Spätlesen aller Arten passen super – vom Riesling bis hin zum Silvaner.

– Susanne Salzgeber, Bottled Grapes Weinblog

Der Riesling ist also nicht einfach nur „ein“ Wein, sondern ein ganzer Werkzeugkasten. Er zwingt uns nicht in ein starres Korsett, sondern bietet für jede Herausforderung – sei es Schärfe, Fett, Salz oder Umami – eine passende, elegante und stets balancierte Lösung. Seine Wandlungsfähigkeit ist der Grund, warum er die Brücke zwischen so unterschiedlichen kulinarischen Welten wie der deutschen und der thailändischen Küche mit spielerischer Leichtigkeit schlägt.

Die Universalität des Rieslings ist kein Zufall, sondern das Ergebnis seiner einzigartigen Eigenschaften. Zu verstehen, warum er zu fast allem passt, ist die Krönung der Pairing-Kunst.

Die Wahl des richtigen Weins zu einem Thai-Curry verwandelt sich so von einem Glücksspiel in eine bewusste, kreative Entscheidung. Mit dem Wissen um die fundamentalen Interaktionen sind Sie nun der Architekt Ihres eigenen Genusserlebnisses. Beginnen Sie noch heute damit, diese Prinzipien anzuwenden, und verwandeln Sie Ihr nächstes Thai-Essen in eine unvergessliche Geschmacksharmonie.

Häufige Fragen zum Thema Wein und Thai-Curry

Wie erkenne ich den Süßegrad eines deutschen Weins?

Achten Sie auf Begriffe wie ‚trocken‘ (< 9g/l Restzucker), ‚feinherb‘ (9-18g/l), ‚lieblich‘ (18-45g/l) oder die Prädikatsbezeichnungen Kabinett, Spätlese, Auslese. Ein niedriger Alkoholgehalt (unter 11%) kann ebenfalls auf Restsüße hindeuten.

Warum funktioniert Süße gegen salzige Fischsauce?

Die Restsüße bildet einen harmonischen Gegenpol zur intensiven Salzigkeit und verhindert, dass die Weinaromen von der Umami-Komponente überdeckt werden. Sie schafft eine Brücke zwischen den süßen und salzigen Elementen und sorgt für Balance.

Welcher Alkoholgehalt zeigt einen restsüßen Wein an?

Weine unter 11% Alkohol, besonders im Bereich von 7,5-9%, weisen oft auf natürliche Restsüße hin. Der Grund ist, dass die alkoholische Gärung früher gestoppt wurde, um einen Teil des natürlichen Traubenzuckers im Wein zu erhalten.

Geschrieben von Lukas Menzel, Innovativer Koch und Ernährungsexperte mit Fokus auf moderne Weinküche und alkoholfreie Alternativen. 10 Jahre Erfahrung in der Produktentwicklung und Gastronomie.